Aufbau Rossmarktplatz
Zwei Jahrzehnte später – eine respektvolle Erweiterung im historischen Kontext.
Zu Beginn der 2000er Jahre durften wir in der historischen Vorstadt von Solothurn ein zeitgemäßes Wohnhaus für einen holländischen Bauherrn realisieren. Der intensive Dialog mit den Behörden erwies sich als lohnend: 2006 wurde das Gebäude mit dem Priisnagel ausgezeichnet.
Zwei Jahrzehnte später stellt sich erneut die Frage: Warum gelingt es so selten, im historischen Kontext von Solothurn qualitätsvolle, zeitgenössische Architektur zu etablieren? War unser damaliges Projekt ein glücklicher Ausnahmefall?
Für uns: ja – und zugleich Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung.
Das Gebäude steht auf allen Seiten direkt an der Parzellengrenze. Eine bauliche Erweiterung war ausschließlich in der Vertikalen möglich. Der Wunsch der neuen Eigentümerschaft nach zusätzlichem Raum, einer internen beheizten Erschließung sowie erweiterten Außenbereichen stellte die Ausgangslage dar.
Die Antwort darauf ist ein zurückversetzter, fein proportionierter Dachaufbau, dessen hoher Glasanteil subtil auf die vielschichtige Dachlandschaft der Vorstadt reagiert. Die sichtbare Grundfläche der Aufstockung wurde bewusst auf 38 m² begrenzt. Gestaltung und Haltung zielen nicht auf Dominanz, sondern auf Einfügung – ein neuer Baustein, der sich respektvoll ins Ensemble integriert.
Die neue Stahlkonstruktion entwickelt sich aus der bestehenden Pergola weiter. Die Fassade aus Titanzinkblech mit diagonal gesetzten Stehfälzen knüpft materialsprachlich an die umgebenden Dächer an und formuliert gleichzeitig eine zeitgenössische Haltung.
Eine neue Wendeltreppe erschließt die Erweiterung von innen und lässt dem zweigeschossigen Bestandsfenster zum Hof seine prägende Wirkung. Die Außenräume sind über eine Kombination aus bestehender und neuer Spindeltreppe verbunden.
Die markante dunkle Pergola mit Stakettengeländer bleibt erhalten und übernimmt eine neue Funktion: Sie trägt die textile Außenbeschattung in Form von Vorhängen – eine atmosphärische Referenz an die flatternde Wäsche der Vergangenheit, die einst die Terrassen der Vorstadt prägte.
Ohne das Wissen um die Intervention bleibt die Erweiterung aus der Distanz beinahe unsichtbar – eine stille Transformation mit großer Wirkung.
Ein besonderer Dank gilt den Behörden, die der textilen Beschattung im sensiblen historischen Kontext ihre Zustimmung erteilten – ein entscheidendes Zeichen für eine offene, qualitätsorientierte Weiterentwicklung des Bestehenden.